Was Anleger zur unerwarteten Rallye bei Gold wissen müssen
Knapp unter 2500 $ kostete eine Feinunze Gold am 17. Juli – Rekordhoch! Seit Jahresbeginn legt der Kurs auf Dollarbasis ca. 20% zu. Für viele Investoren kam der schnelle Anstieg unerwartet, da das Edelmetall in einem Umfeld von höheren Zinsen und festem US-Dollar eher zur Schwäche bzw. Konsolidierung neigt. Doch vor allem die Nachfrage der Notenbanken Indiens und weiterer Schwellenländer scheint den Preis weiter hochzutreiben.
Tatsächlich nimmt die Goldnachfrage weltweit zu, während die Förderung abnimmt. Wie immer ist es das Gefühl von Unsicherheit, das Anleger nach dem Edelmetall greifen lässt.
Gold gilt als Krisenwährung – und Krisen gibt es derzeit nur wirklich mehr als genug. Die deutsche Wirtschaft kommt nicht in Schwung, den USA droht eine Rezession, geopolitisch sorgen der Krieg in der Ukraine und der Nahostkonflikt für tiefe Verunsicherung.
Zentralbanken aus Schwellenländern kaufen verstärkt Gold
Die People’s Bank of China kauft seit 18 Monaten kontinuierlich Gold. Auch die Indische Zentralbank hat ihre Bestände im Juni um 9,3 t auf insgesamt 840 t erhöht. Die Goldreserven machen nun knapp 10 % der indischen Währungsreserven aus. Die Türkische Notenbank hat 2024 bisher 43 t zugekauft und ist damit der größte Nachfrager unter den Zentralbanken im laufenden Jahr. Auch für diese strukturelle Bewegung ist der Krieg in der Ukraine mit verantwortlich: Das Einfrieren der russischen Währungsreserven hat diesen Ländern gezeigt, dass auch sie im schlechtesten Fall nicht mehr auf ihre Reserven zurückgreifen könnten.
Chinas Sparer entgehen mit Gold der Überwachung
In China sorgt der Mix aus Immobilienkrise, stockendem Wirtschaftswachstum und daraus resultierendem schwachem Aktienmarkt in für Unsicherheit. Dazu überwacht der Staat vermehrt die Auslandsinvestitionen seiner Bürger. Das lässt vermehrt Gelder der Sparer ins Gold fließen. Indien ist derzeit einer der größten Goldkäufer am Markt. 2023 wurden etwa 744 t Gold im Gegenwert von rund 43 Mrd. $ erworben, hauptsächlich für die Herstellung von Schmuck. Nun reduziert das Land den Einfuhrzoll auf Gold von 15% auf 6%. Dadurch sinkt der Kaufpreis pro Unze um ca. 270 $, was kurzfristig die Nachfrage noch erhöhen sollte.Die Staatsschuldenkrise der westlichen Nationen tut ein Übriges, die Inflation und die Verunsicherung hochzuhalten.
Förderung sinkt weltweit
in den vergangenen Jahren ist die Goldproduktion gesunken. 2023 wurden ca. 3000 t Gold gefördert, etwa 1% weniger als im Vorjahr. Die aktuellen Reserven belaufen sich auf 59.000 t, so das U.S. Geological Survey (USGS). Bei gleichbleibender Produktion könnte – nach derzeitiger Prognose – noch knapp 20 Jahre Gold gefördert werden. Dennoch: Der Vorrat ist endlich! Die Gesamtmenge aus schon geförderten und noch vorhandenen Goldvorkommen wird auf 212.000 t geschätzt. Das entspricht aktuell einem Marktwert von 16 Bill. Dollar. Der Aktienindex S&P500 kommt zurzeit auf eine Marktkapitalisierung von 42 Bill. Dollar).
Die aktuelle Gemengelage aus Kriegsangst und Furcht vor Inflation hat den Goldpreis kräftig klettern lassen. Leider deutet derzeit nichts darauf hin, dass sich die geopolitischen Spannungen bald beruhigen könnten oder die Weltwirtschaft wieder deutlich Fahrt aufnimmt. Mittelfristig dürfte der Goldpreis daher weiter steigen. Allerdings wäre eine zwischenzeitliche Konsolidierung wünschenswert.
Über den Autor
Jörg Horneber kann auf eine klassische mehr als 25-jährige Bankkarriere zurückblicken. Nach einer Ausbildung bei der Deutschen Bank AG im Privatkundengeschäft und einem berufsbegleitenden Studium bei der Bankakademie, übernahm er die Position als Berater im Private Banking der Deutschen Bank AG Nordbayern bis Ende 2005. Darauffolgend als Relationship Manager bei der Commerzbank AG Private Wealth Management. Den Schwerpunkt seiner beruflichen Tätigkeit bildete immer die ganzheitliche Betreuung seiner Kunden.Seit April 2012 verstärkt er das Team der KSW Vermögensverwaltung AG als Portfoliomanager. In dieser Funktion ist er mit der individuellen Betreuung von Vermögensverwaltungsmandaten betraut.