Mogelpackung DAX
Der deutsche Leitindex Dax ist längst kein Barometer mehr für die hiesige Wirtschaft, meint Manfred Rath. Dafür sieht der Portfoliomanager verschiedene Gründe
Rund 19% hat der DAX 2024 dazugewonnen, obwohl sich die Hiobsbotschaften in der deutschen Industrie häufen und immer mehr Branchen erreichen. 40 Unternehmen gehören zum deutschen Leitindex. Doch dessen Performance hängt von nur wenigen Indexmitgliedern ab – und schon lange nicht mehr von der Entwicklung der Wirtschaft in der Heimat.
In den USA bestimmen die sogenannten Magnificent Seven, wie sich die US-Aktienindizes entwickeln. Zusammen bringen diese sieben Megakonzerne eine Marktkapitalisierung von über 15 Billionen Dollar auf die Waage.
Auch der DAX wird von nur wenigen Unternehmen bewegt. Sechs seiner Mitglieder waren 2024 für rund 80 Prozent des Anstieges verantwortlich. Über ein Drittel der DAX-Werte konnte gegenüber Jahresanfang überhaupt kein Kursplus verzeichnen.
Das DAX-Plus muss im internationalen Vergleich zudem relativiert werden. Denn der deutsche Index ist in seiner Berechnung ein Exot. Während fast alle bekannten Marktbarometer (Dow Jones, S&P500, Nikkei, Euro STOXX 50, FTSE usw.) reine Kursindizes sind, wird der DAX als Performanceindex berechnet. Also sämtliche Dividenden werden rechnerisch immer reinvestiert. Zwar spiegelt ein Kursindex nicht die tatsächliche Wertentwicklung der enthaltenen Aktien wider, doch wird so die Performance des Deutschen Aktienindex‘ im internationalen Vergleich ständig geschönt.
Produktion folgt den Absatzmärkten
Weniger als 30% der Assets der DAX-Unternehmen (Büros, Fabriken) befanden sich 2023 noch in Deutschland. Der Trend, die Produktion ins Ausland zu verlagern, hält seit Jahren an und setzt sich fort. Da verwundert es nicht, dass rund zwei Drittel der Aktien von DAX-Unternehmen in Depots außerhalb Deutschlands eingebucht sind. Dass nur drei der 40 im DAX notierten Firmen zu den zehn größten Arbeitgebern in Deutschland gehören, darf ebenso wenig überraschen.
Umsätze und Gewinne werden im Ausland erwirtschaftet
Neueste Analysen offenbaren, dass die DAX-Unternehmen weniger als 20% der Umsätze im Inland generieren. Im Ausland läuft die Konjunktur besser als hierzulande und die Wachstumsraten dort versprechen bessere Perspektiven. Selbst die Deutsche Telekom erwirtschaftet nur noch ein Viertel des Umsatzes im Heimatland.
Ähnlich sieht es mit den Gewinnanteilen aus, wobei aus steuerlichen Gründen ein Teil der Gewinne bewusst ins Ausland verlagert wird. Dennoch erhielten DAX-Firmen im Jahr 2023 mehr als 10 Mrd. Euro an Subventionen vom deutschen Staat.
Schwergewicht SAP
Mit knapp 16% Gewichtung hat das Walldorfer Unternehmen SAP die erlaubte Obergrenze von 15% überschritten. Droht damit ein ähnliches Szenario wie seinerzeit bei Linde? Hier hatte sich bekanntlich der Vorstand im Jahr 2023 entschieden, den DAX zu verlassen. Ohne SAP hätte sich der DAX 2024 nur halb so gut entwickelt.
Über den Autor
Manfred Rath ist seit mehr als 35 Jahren im Vermögensanlagegeschäft tätig. Bereits nach der Ausbildung ging er den klassischen Weg zum Wertpapierspezialisten in der damaligen Bayerischen Vereinsbank. Dort übernahm er auch die Leitung eines Teams in der Nordoberpfalz, bevor er nach 27-jähriger Zugehörigkeit zur BHF BANK wechselte. In diesen 6 Jahren bei der Privatbank war der Schwerpunkt erneut die Vermögensanlage und -allokation sowie die stellvertretende Leitung der Niederlassung Nürnberg. Seit Juli 2012 ist er als Portfoliomanager für die KSW tätig.