Fünf Gefahren, die Banken und Bürgern mit einem digitalen Euro drohen
Die Digitalisierung beherrscht zunehmend alle Bereiche unseres täglichen Lebens, so auch unsere Art des Bezahlens. In der Corona-Pandemie gingen viele Geschäfte dazu über, ausschließlich bargeldlose Zahlungen zu akzeptieren – via Geldkarte, Kreditkarte oder mittels Smartphone-App. Der Druck auf staatliche Institutionen und Notenbanken nimmt zu, sich dem Trend zu öffnen und ein eigenes digitales Geld auf den Weg zu bringen. Dazu trägt nicht zuletzt der Erfolg von Kryptowährungen wie dem Bitcoin bei. Diskutiert wird sogar die Abschaffung des Bargeldes – der Traum kontrollfreudiger Staatenlenker und zugleich der Albtraum freiheitsliebender Bürger.
Die Notwendigkeit zu handeln haben die Notenbanken auf der ganzen Welt längst erkannt. Zu groß ist die Gefahr, dass die zunehmende Nutzung privatwirtschaftlicher Zahlungsmittel das Vertrauen in und die Kontrolle über die eigene Währung untergräbt. Die chinesische Notenbank testet bereits in einigen Städten die eigene digitale Währung DCEP (Chinese digital currency electronic payment) und ist dabei Kryptowährungen zu verbieten. Staatliche Leistungen werden in den Testregionen nur noch in digitaler Währung ausbezahlt. Das zwingt die Bürger, diese neue Art zu akzeptieren. In Europa arbeitet die EZB bereits seit 2020 an einer eigenen digitalen Eurowährung, die angeblich 2024 an den Start gehen könnte.
Was bedeutet das? Geld muss vier Funktionen erfüllen: Seltenheit, Einfachheit, kleine Einheiten und feste Austauschbarkeit. So wie das Bargeld, muss auch ein digitaler Euro eine Forderung ggü. der Zentralbank darstellen und damit dem Bargeld gleichgestellt sein. Doch solch eine digitale Währung birgt vielfältige Gefahren, vor allem mit Blick auf den Schutz von Daten und Privatsphäre – Themen, die den EU-Bürgern laut Umfragen besonders wichtig sind. Die größten Risiken sind:
- Die Notenbank könnte eine Obergrenze für Zahlungen und den Besitz festlegen. Damit wäre das Konsumverhalten der Bürger beeinflussbar.
- Die eigentliche Aufgabe der Banken in der Volkswirtschaft, die Bürger mit Geld zu versorgen, würde unterlaufen. Die Banken verlören Einlagen und würden destabilisiert, weil der digitale Euro direkt über ein elektronisches Medium bei der Zentralbank verbucht würde. Die Notenbank übernähme unbeabsichtigt nach und nach die Aufgabe der Geschäftsbanken.
- Der Bürger würde durch sein Zahlungsverhalten für staatliche Stellen transparent, weil diese Zugang zu sensiblen Transaktionsdaten erhalten.
- Die Abwicklung von grenzüberschreitenden Zahlungen würde zwar effizienter werden als bisher. Die Banken und Zahlungsabwickler mit ihren Systemen jedoch verlören dieses Geschäftsfeld komplett – und damit eine weitere Einnahmequelle.
- Bargeld ist im Gegensatz zum Giralgeld (Geld der Geschäftsbanken) unverzinst, ein digitaler Euro wäre demnach derzeit auch unverzinst. Aber die Notenbanken hätten die Möglichkeit, Minuszinsen bei einem digitalen Euro einfach durchzusetzen und könnten damit ihre geldpolitischen Interessen viel einfacher verfolgen als bisher.
Zweifelsohne ist digitales Geld eine Grundlage für weiteren Fortschritt. Die Gewinne liegen in der weiteren Automatisierung, der effizienteren Zahlungsabwicklung und der Programmierbarkeit. Wenn zukünftig immer mehr digital im Handel abgewickelt wird, werden immer mehr Daten des Zahlungsverkehrs beim Staat und den e-Commerce Anbietern gespeichert. Die grundsätzliche Funktion der anonymen Austauschbarkeit einer Währung kann dadurch ausgehebelt werden. Ein digitaler Euro darf das Bargeld und die damit gewonnene Freiheit eines jeden einzelnen nicht gefährden und darf nur eine Ergänzung zum bisherigen Zahlungssystem darstellen. Frei zirkulierendes Geld ist ein Garant für eine freiheitliche Gesellschaft und eine transparente Wirtschaftsordnung.
Über den Autor
Wolfgang Köbler kann auf eine klassische mehr als 35-jährige Karriere in der Finanzbranche zurückblicken. Nach verschiedenen Führungsaufgaben im Privatkundengeschäft war er zuletzt als Direktor im Wealth Management der Dresdner Bank AG tätig. Berufsbegleitend studierte er in den 80’iger Jahren an der Bankakademie und ist heute noch ehrenamtlich im Prüfungswesen der IHK tätig. Den Schwerpunkt seiner beruflichen Tätigkeit bildete immer die ganzheitliche Betreuung seiner Kunden. Seit 2005 ist Wolfgang Köbler Partner und Vorstand der KSW Vermögensverwaltung AG in Nürnberg. Neben dem Management eines Family Office widmet er sich der individuellen Betreuung von diskretionären Vermögensverwaltungsmandaten. Nebenberuflich fungiert er als Aufsichtsratsmitglied einer börsennotierten Gesellschaft und Finanzvorstand für eine kirchliche Institution.