Warum es Sinn macht, beides zu besitzen

Traumhafte Wertsteigerungen mit neuem historischen Hoch und noch dazu ein sicherer Hafen, so schwärmen Anleger von Kryptowährungen. Mancher glaubt gar, dass Bitcoin Gold als Instrument zum Werterhalt ablösen könnte. Stimmt das?

2024 hat für den Bitcoin furios begonnen: Zum einen stieg der Kurs um über 70% und markierte im April ein neues Allzeithoch, zum anderen hat die US-Börsenaufsicht erlaubt, dass Exchange Traded Funds (ETF) in Bitcoin investieren dürfen. Das vereinfacht den Zugang für alle Anleger enorm. Ganz nebenbei holt man damit die digitale Währung aus der Schmuddelecke. „Bitcoin trägt jetzt Nadelstreifenanzug mit Krawatte“, titelte „Die Zeit“.

Es gibt aktuell über 8.000 Kryptowährungen. Alle sind rein digital. Alle verwenden Codes, um Transaktionen in einem virtuellen Zahlungssystem zu verifizieren oder zu sichern. Und sie alle werden nicht von Notenbanken ausgegeben, sondern privat geschaffen. Bitcoin war die erste bekannte Kryptowährung und kann seit 2009 erworben werden. Interessanterweise betrachtet die US-Börsenaufsicht Kryptos nicht als Währung, sondern als Wertpapiere, da der jeweilige Erfolg einer Währung von einem Unternehmen abhängt. Die Börsenaufsicht nimmt Bitcoin davon ausdrücklich aus. Durch den in den USA offiziell zugelassenen Bitcoin-ETF werden große institutionelle Investoren verstärkt in dieser Anlageklasse allokieren.

Halving begrenzte erneut das Bitcoin-Angebot
Diese neu entstandene Nachfrage hat den Bitcoinkurs schon befeuert. Weiteren Auftrieb dürfte das sogenannte Halving bringen, das Ende April durchgeführt wurde. Dabei wird die Belohnung für die Miner halbiert (Miner sind Personen, die Bitcoins erzeugen). Alle vier Jahre wird so das Angebot an neu geschürften Bitcoins durch das System automatisch reduziert. Bei gleichbleibender Nachfrage dürfte der Preis weiter steigen.

Braucht es da noch Gold im Depot, um Krisen und Inflation zu begegnen? Bitcoin wie auch das Edelmetall sind nicht unendlich vermehrbar. Das World of Gold Council gibt an, dass bis heute rund 210.000 t Gold gefördert wurden und rund 75% der bisher bekannten Minen erschöpft sind. Beim Bitcoin ist die Maximalmenge durch die Software auf 21 Millionen Coins limitiert. Bisher wurden ca. 19,6 Millionen dieser virtuellen Münzen „geschürft“. Aufgrund ihrer Endlichkeit schützen Bitcoin und Gold gleichermaßen vor Inflation. Ferner können beide Anlagevehikel von den Notenbanken nur wenig beeinflusst werden.

Doch es gibt auch immense Unterschiede. Gold hat über Jahrhunderte bewiesen, dass es ein verlässliches Wertaufbewahrungsmittel ist, was die neuen Höchststände in 2024 von rund 2.300 USD pro Unze unterstreichen. Kein Anleger hat mit Gold je einen Totalverlust erlitten. Dieses Risiko besteht beim Bitcoin sehr wohl. Bitcoin braucht Strom, denn ohne Strom kein Internet und kein digitales Guthaben. Um Gold zu lagern, braucht man Platz und der kostet Geld. Bitcoin benötigt hingegen nur einen digitalen Speicherplatz. Gold kann verboten werden, was in der Geschichte bereits mehrfach der Fall war. Beim Bitcoin ist die Umsetzung eines Verbots wegen der dezentralen Erzeugung kaum denkbar.

Der größte Unterschied liegt aber in der Volatilität. So fiel der Bitcoin im Jahr 2022 von rund 57.000 EUR auf rund 15.000 EUR. Das generelle Problem bei Kryptowährungen ist, dass ihr Wert insbesondere durch Vertrauen gebildet wird. Kippt die Stimmung, fallen auch die Werte deutlich. Nach Angaben des World of Gold Council ist der Bitcoin rund vier- bis fünfmal stärkeren Schwankungen ausgesetzt als der Goldpreis.

Fazit
Gold und Bitcoin sollte man nicht als Konkurrenten betrachten, sondern als unterschiedliche Spieler auf dem Markt der alternativen Anlagen. Gold ist seit Jahrhunderten ein stabiler Wertträger. Der Besitz kann jedoch – wie schon einmal geschehen – gesetzlich begrenzt oder verboten werden. Bitcoin unterliegt noch immer hohen Kursschwankungen, entzieht sich aber durch die dezentrale Erzeugung der Regulierung durch einzelne Notenbanken. Es ergibt aus Portfoliosicht Sinn, beide den nicht inflationierbaren Assets zuzuordnen und je nach Risikoneigung als Hedge für Krisenzeiten zu investieren.

Über den Autor

Wolfgang Köbler kann auf eine klassische mehr als 35-jährige Karriere in der Finanzbranche zurückblicken. Nach verschiedenen Führungsaufgaben im Privatkundengeschäft war er zuletzt als Direktor im Wealth Management der Dresdner Bank AG tätig. Berufsbegleitend studierte er in den 80’iger Jahren an der Bankakademie und ist heute noch ehrenamtlich im Prüfungswesen der IHK tätig. Den Schwerpunkt seiner beruflichen Tätigkeit bildete immer die ganzheitliche Betreuung seiner Kunden. Seit 2005 ist Wolfgang Köbler Partner und Vorstand der KSW Vermögensverwaltung AG in Nürnberg. Neben dem Management eines Family Office widmet er sich der individuellen Betreuung von diskretionären Vermögensverwaltungsmandaten. Nebenberuflich fungiert er als Aufsichtsratsmitglied einer börsennotierten Gesellschaft und Finanzvorstand für eine kirchliche Institution.