Zinswende als Hoffnungsschimmer für die „Hidden Champions“?

Niedrig kapitalisierte Aktiengesellschaften hinken den Großkonzernen seit Jahren bei der Kursentwicklung hinterher. Das schmerzt vor allem die „Hidden Champions“, die heimlichen Weltmarkt- oder Technologieführer, von denen es gerade im deutschen Mittelstand unzählige gibt. Haben diese Small und Mid Caps das Potenzial diesen Abstand aufzuholen? Seit Monaten wird gemunkelt, dass ein Umschwung von hochkapitalisierten und analytisch teuren Aktien zu vernachlässigten Nebenwerten bevorsteht. Doch wie wahrscheinlich ist der Stimmungswandel wirklich?

Der Trend läuft schon seit Jahren

Es gibt reichlich Gründe, warum die Small Caps immer mehr links liegen bleiben.  Kleine Handelsvolumina, die sowohl zu höherer Volatilität führen können als auch zu teils unverschämt hohen Geld-/Briefspannen, verleiden vielen Anlegern den Spaß.

Führt man sich vor Augen, dass einzelne US-Konzerne so hoch kapitalisiert sind wie der gesamte deutsche Aktienindex DAX40, kann man diesen Hype um die Tech-Giganten gut nachvollziehen. Marktpsychologie – der sogenannte Herdentrieb – trägt sehr stark zu der Tendenz bei.

 

Die massiven Zuflüsse in Indexfonds und der Erfolg dieser Anlageklasse (es gibt immer weniger aktive Fonds, die den Vergleichsindex schlagen) schmälern ebenfalls seit geraumer Zeit die Attraktivität von Nebenwerten. Denn diese ETFs bilden Indizes ab und benötigen dafür vor allem Titel, die ein hohes Handelsvolumen und geringe Geld-/Briefspannen aufweisen.

 

Zugleich nimmt die Zahl der Analysten bei Banken und Investmentgesellschaften stetig ab, die sich mit Einzeltiteln, vor allem aber mit Nebenwerten beschäftigen. Die Nachfrage nach individuellen Aktienanalysen schwindet einerseits durch KI und den einfachen und kostengünstigen Zugang zu umfangreichem Datenmaterial, andererseits durch Fusionen von Finanzinstituten und die damit verbundenen Kosteneinsparungen. Auch hier entstehen immer größere Kapitalblöcke, die sich wiederum nur in Titeln tummeln können, die in entsprechend großem Volumen handelbar sind.

 

Kurzfristig kein verändertes Anlegerverhalten in Sicht

Auch der Einbruch an den Märkten Anfang August zeigt keinen Vorteil für die Nebenwerte, obwohl teilweise sehr attraktive Bewertungen vorherrschten. Sie wurden ähnlich heftig abgestraft wie die Großen. Die anschließende, überraschend kräftige Gegenbewegung wurde erneut von den großen Werten angeführt. Das Anlagegeld wird nicht von Stockpickern auf der Suche nach billigen Titeln dirigiert, sondern meist geballt über Termingeschäfte und Indexfonds investiert.

 

Zinswende als Hoffnungsschimmer

Die sich abzeichnende Zinswende könnte ein Lichtblick sein. Kleinere Unternehmen finanzieren sich meist kurzfristig über Banken und haben größere Hürden beim Zugang zu alternativen Finanzierungen am Kapitalmarkt. Das führt zu ungünstigeren Zinssätzen und belastet die Gewinnentwicklung. Hier könnte demnächst bei vielen Firmen ein Hebel umgelegt und zu einem Katalysator bei den Unternehmensergebnissen werden.

Ob jedoch die Anlageströme auf absehbare Zeit den Weg zu Small Caps wieder finden und nachhaltig dabeibleiben, darf bezweifelt werden. Zu groß ist das Ungleichgewicht. Das soll nicht heißen, dass mit kleineren Aktiengesellschaften kein Geld verdient werden kann. Es bleibt nur schwierig, abseits der Big Caps adäquate Performance zu erzielen. Wer sich die Arbeit macht und die nötige Geduld mitbringt, kann davon aber sicherlich profitieren.

Über den Autor

Manfred Rath ist seit mehr als 35 Jahren im Vermögensanlagegeschäft tätig. Bereits nach der Ausbildung ging er den klassischen Weg zum Wertpapierspezialisten in der damaligen Bayerischen Vereinsbank. Dort übernahm er auch die Leitung eines Teams in der Nordoberpfalz, bevor er nach 27-jähriger Zugehörigkeit zur BHF BANK wechselte. In diesen 6 Jahren bei der Privatbank war der Schwerpunkt erneut die Vermögensanlage und -allokation sowie die stellvertretende Leitung der Niederlassung Nürnberg. Seit Juli 2012 ist er als Portfoliomanager für die KSW tätig.