Öl – Das fossile Zeitalter ist noch nicht vorüber
Der Ausbau in erneuerbaren Energien ist weltweit in vollem Gange. China krempelt sein gesamtes Energiesystem um und wird zum ökologischen Musterknaben. Elektrofahrzeuge sind auf dem Vormarsch. Die Schieferöl Produktion nimmt von Jahr zu Jahr zu und erhöht das Angebot auf dem Weltmarkt. Die Zukunftsaussichten für Öl, dem bisher wichtigsten fossilen Brennstoff scheinen vorbei zu sein. Allerdings trügt der Schein.
Bis 2040 sollen erneuerbaren Energien etwa 40 Prozent des weltweiten Gesamtverbrauchs decken, schätzt eine aktuelle Studie der Internationalen Energieagentur IEA. Die Technologien für die alternative Energieerzeugung entwickeln sich extrem schnell; allen voran bei der Fotovoltaik. Dafür verantwortlich ist der Preisverfall bei der Herstellung der Anlagen. Seit 2010 sind die Kosten um rund 70 Prozent gesunken. Hinzu kommt, dass sich in Zukunft auch der Anteil der alternativen Energien bei der Wärmeerzeugung und im Verkehr verdoppeln wird.
Die zunehmende Elektromobilität und sparsamere Verbrennungsmotoren werden dafür sorgen, dass deutlich weniger Rohölprodukte wie Benzin und Diesel benötigt werden. Damit nähert sich das Zeitalter des Öls seinem Ende.
Ganz so schnell wird es allerdings nicht gehen. Experten gehen davon aus, dass bis 2025 der Verbrauch zunächst deutlich ansteigen wird. Erst danach dürfte der Anteil des Öls, das für die Fortbewegung verbrannt wird, weltweit sinken; obwohl sich die Anzahl der Pkw bis 2040 weltweit verdoppeln wird.
Einen großen Anteil daran hat die neue energiepolitische Ausrichtung Chinas. China setzt nicht mehr wie bisher auf die Schwerindustrie, die Produktion von Industriegütern und den Ausbau der Infrastruktur als Wachstumsmotor. Vielmehr liegt der zukünftige Schwerpunkt auf Dienstleistungen und Technologisierung des Landes. Beides zieht einen erheblich geringeren Bedarf an Energie nach sich. Während der Energiebedarf zwischen 2000 und 2012 jährlich noch um rund acht Prozent wuchs, sind es seit 2012 nur noch etwa zwei Prozent pro Jahr. Zukünftig wird der Verbrauchszuwachs nur noch bei einem Prozent jährlich, der Energieverbrauch pro Kopf trotzdem auch im Jahr 2040 noch über dem der Europäischen Union liegen.
Gleichzeitig steigt das Angebot. Insbesondere das Schieferöl aus den Vereinigten Staaten wird künftig noch mehr sprudeln. Die IEA rechnet in den Jahren 2010 bis 2025 mit einem Anstieg der Schieferölförderung um acht Millionen Barrel pro Tag. Das entspricht in etwa neun Prozent der Menge, die 2016 weltweit gefördert wurde. Während China als Abnehmer immer weniger infrage kommt, haben die bevölkerungsreichen und wirtschaftlich stark wachsenden Schwellenländer wie Indien und die Länder Südostasiens künftig den höchsten Zuwachs beim Ölverbrauch. Die Petrochemie, der zunehmende Lastkraftwagenverkehr, die Luft- und Schifffahrt sind ölhungrige Verbraucher.
Unter dem Strich erwartet die IEA damit einen weiter zunehmenden Ölverbrauch, trotz aller Investitionen in erneuerbare Energien und Effizienzsteigerung. Bis ins Jahr 2040 soll der tägliche Bedarf bei 105 Millionen Barrel Öl liegen. 2016 betrug der tägliche Verbrauch noch rund 96 Millionen Barrel. Das entsprach in etwa auch der geförderten Menge.
Das Szenario der IEA lässt für die nächsten Jahre einen steigenden Ölpreis erwarten. Nur überraschend positive Entwicklungen auf der Angebotsseite würden die Lage entspannen. Das könnten eine Verdopplung der geschätzten Schieferölvorkommen der USA oder eine deutlich schnellere Durchdringung des Verkehrs mit Elektroautos sein. Letztere müssten dann aber auch mit Energie aus alternativen Quellen betrieben werden. Nur in diesem vorteilhaften Szenario würde der Preis je Barrel bis 2040 auf dem aktuellen Niveau von 50 bis 70 US-Dollar verharren.
Über den Autor
Jörg Horneber kann auf eine klassische mehr als 25-jährige Bankkarriere zurückblicken. Nach einer Ausbildung bei der Deutschen Bank AG im Privatkundengeschäft und einem berufsbegleitenden Studium bei der Bankakademie, übernahm er die Position als Berater im Private Banking der Deutschen Bank AG Nordbayern bis Ende 2005. Darauffolgend als Relationship Manager bei der Commerzbank AG Private Wealth Management. Den Schwerpunkt seiner beruflichen Tätigkeit bildete immer die ganzheitliche Betreuung seiner Kunden.Seit April 2012 verstärkt er das Team der KSW Vermögensverwaltung AG als Portfoliomanager. In dieser Funktion ist er mit der individuellen Betreuung von Vermögensverwaltungsmandaten betraut.