Verliert der US-Dollar den Status der Weltleitwährung?
Der US-Dollar ist seit Ende des Zweiten Weltkrieges die Weltleitwährung. Doch dieser Status scheint nicht mehr unangefochten. Zwischen China und den Vereinigten Staaten schwelt schon lange ein ökonomischer und politischer Konflikt. Seit 2018 droht er zu eskalieren. China will die eigene Währung als Alternative zum Dollar etablieren. Den Anspruch gründet Peking auf die erstarkte chinesische Wirtschaft. Im Schulterschluss mit Entwicklungs- und Schwellenländern versucht das Reich der Mitte die Vormachtstellung des Dollars zu unterlaufen.
In vielen Finanzmedien wird ein langsames Siechtum des Dollars diagnostiziert. Dabei werden immer noch fast 60% der weltweiten Devisenreserven in Dollar gehalten, weitere 19% liegen im Euro. Der chinesische Yuan kommt nur auf rund 3%.
Das will China ändern, unterstützt von Russland, Brasilien, Indien und Südafrika. Zusammen werden sie als BRICS-Staaten bezeichnet. Sie repräsentieren 42% der Weltbevölkerung. In den wichtigsten Wirtschaftsinstitutionen – dem Internationalen Währungsfonds und der Weltbank – haben sie aber nur 15% der Stimmrechte. Daher ist die Angst der BRICS-Staaten vor Sanktionen, die ihre internationalen Handelsaktivitäten stören oder zum Stillstand bringen könnten, nachzuvollziehen. Diese Furcht dürfte ihre Triebfeder sein, die Abhängigkeit von der US-Währung zu reduzieren.
Teil der BRICS-Strategie ist es, wichtige Rohstoffgeschäfte vom US-Dollar zu entkoppeln. China hat bereits mit den Ölförderländern der arabischen Halbinsel die ersten Kontrakte in der eigenen Währung ausgehandelt. So soll die chinesische Wirtschaft widerstandsfähiger gemacht werden. Zusätzlich versucht China, alternative Verrechnungssysteme zu nutzen und so die globale Rolle des Dollars zu schwächen.
Es spricht einiges dafür, dass dies nicht in größerem Umfang gelingen wird; es mangelt schlicht an Alternativen. Die vier primären Faktoren einer Weltleitwährung sind neben der freien Konvertierbarkeit, ausreichender Liquidität und der Wertstabilität eben auch besonders die globale Akzeptanz. Die konnte der Dollar in den vergangenen Jahrzehnten unter Beweis stellen – ganz im Gegensatz zum Yuan! Der Währung fehlt eine ausreichende Stabilität am chinesischen Finanzplatz und dadurch auch das Vertrauen und die Akzeptanz in der Welt.
Darüber hinaus sind sich die BRICS-Staaten uneins, wie man die Vormachtstellung des Dollars schwächen könnte. Dazu sind die bilateralen Interessen und die Verflechtungen mit den USA zu groß, gerade bei Brasilien. Zwar ist es richtig, dass die in US-Dollar gehaltenen Devisenreserven in den vergangenen 46 Jahren deutlich geschrumpft sind, jedoch sorgen die USA mit einem Weltbevölkerungsanteil von 4% immer noch für ein Viertel der globalen Wertschöpfung.
Der Rest der Welt weiß den Wert des US-Dollars als Leitwährung zu schätzen. Die amerikanische Währung bot in der Vergangenheit im Vergleich zu vielen anderen Währungen eine hohe Wertstabilität, verbunden mit niedrigen Inflationsraten. Die Liquidität der amerikanischen Finanzmärkte sowie das ökonomische Gewicht machen den US-Dollar als Reserve-, Anlage- und Transaktionswährung alternativlos.
Eine Frage der Liquidität:
Länder mit ungenügenden liquiden Finanzmärkten benötigen den Dollar, um sich zu unverändert günstigen Konditionen über die US-Anleihemärkte zu refinanzieren. Solange es den USA gelingt, bilaterale Handelsabkommen zwischen den BRICS-Staaten zu unterbinden und die wirtschaftliche Stärke beizubehalten, wird in diesem Jahrzehnt die Vormachtstellung des US-Dollars nicht beeinträchtigt werden können.
Über den Autor
Wolfgang Köbler kann auf eine klassische mehr als 35-jährige Karriere in der Finanzbranche zurückblicken. Nach verschiedenen Führungsaufgaben im Privatkundengeschäft war er zuletzt als Direktor im Wealth Management der Dresdner Bank AG tätig. Berufsbegleitend studierte er in den 80’iger Jahren an der Bankakademie und ist heute noch ehrenamtlich im Prüfungswesen der IHK tätig. Den Schwerpunkt seiner beruflichen Tätigkeit bildete immer die ganzheitliche Betreuung seiner Kunden. Seit 2005 ist Wolfgang Köbler Partner und Vorstand der KSW Vermögensverwaltung AG in Nürnberg. Neben dem Management eines Family Office widmet er sich der individuellen Betreuung von diskretionären Vermögensverwaltungsmandaten. Nebenberuflich fungiert er als Aufsichtsratsmitglied einer börsennotierten Gesellschaft und Finanzvorstand für eine kirchliche Institution.